Akzeptanz führt zu Freiheit und Glück

Üblicherweise wollen wir belastende Gefühle und Empfindungen nicht spüren. Wir wollen sie „weg haben“, sie sollen verschwinden und nicht mehr stören. Falls sich die Störenfriede aber nicht in die Flucht schlagen lassen, wird ein Arsenal der Verdrängung, Verleugnung, Somatisierung usw. entwickelt, welches das Ziel hat, das belastende Erleben und Fühlen zu entfernen. Die Abwehrstrategien sind anstrengend und kraftaufwändig. Wenn man darauf angewiesen ist, sie ständig anwenden zu müssen, führt dies zu einer Einbuße an Vitalität, Energie, Lebensfreude und Leistungsfähigkeit. In der Regel haben die Abwehrstrategien auch nur bedingt oder vordergründig Erfolg. Sie ermöglichen zwar, weniger zu fühlen, jedoch um den Preis der Abstumpfung oder der eingeschränkten Lebendigkeit und Lebensqualität.

Akzeptanz hilft uns, Energien zu befreien, die wir bislang in aussichtslose Kämpfe um Glück und innere Freiheit investiert hatten. 

Radikale Akzeptanz

Mit radikaler Akzeptanz ist hier gemeint, die ungeliebten und ungewollten Selbstanteile und Gefühle anzunehmen und die Bereitschaft, damit in Frieden zu sein. Dies bedeutet nicht, dass in fatalistischer Weise alles Unerfreuliche hingenommen wird und dass man sich in sein Schicksal fügt, ohne etwas daran verändern zu wollen. Ein Akzeptieren des gegenwärtigen Moments mit all den damit verbundenen Empfindungen, Gefühlen und Gegebenheiten ist jedoch notwendig, um den Kampf loszulassen. In der Regel bewerten, denken und handeln wir zu schnell und lassen die gegenwärtigen Emotionen, insbesondere wenn sie „negativer“ Art sind, nicht wirklich geschehen. Mal gehen wir direkt in den Kampf, mal lenken wir uns mit irgendetwas ab, beamen uns weg oder blocken diese Emotionen passiv ab, ohne es zu bemerken. Es fällt schwer, im gegenwärtigen Erleben zu bleiben, hinzuschauen und verstehen zu wollen. Dadurch wird der wichtige Informationsgehalt von affektiven Informationen nicht wahrgenommen und man kann demgemäß nicht sinnvoll und heilsam mit den Phänomenen umgehen. Viele Gefühle, wie z.B. Enttäuschung, Trauer oder Wut werden sich erst dann auflösen, wenn sie anerkannt und mitfühlend verstanden wurden. Wenn sie aber abgewehrt werden, dann lassen sie uns oft nicht los. Es wird z.B. – in einem nicht gelingenden Lösungsversuch – unendlich über das Problem gegrübelt oder wir verstricken uns in unheilvolle und energieraubende Regulationsstrategien (z.B. Ablenkung). Wir geben dadurch dem, was wir eigentlich gar nicht haben wollen, Energie, Zeit, Bedeutung und Macht. Wir können dem auf die Schliche kommen.

Der König und seine drei Söhne

Ein König hatte drei Söhne. Der erste war klug, angenehm und wohlgeraten und eine Freude für seinen Vater. Er wollte ihn nach seinem Heranwachsen in seiner Nähe wissen und beförderte ihn zum Innenminister mit einem eigenen Palast in unmittelbarer Nachbarschaft. Auch zum zweiten Sohn bestand ein erfreulich gutes Verhältnis, der war mutig und kühn und wurde nach seinem Heranwachsen zum Verteidigungsminister ernannt; er bewohnte gleichfalls einen neu errichteten Palast in der Nähe des väterlichen Schlosses.

Leider war der dritte Sohn ein komplizierter Mensch. Die Berater des Königs empfahlen, ihn nicht zum Minister zu ernennen, da er Schande über das Königreich bringen würde. Der König baute ihm deshalb ein kleines Schloss außerhalb der Reichsmauern, wo die Barbaren hausten. Zu seinem Schutz erhielt er 100 Soldaten. Nach einem Jahr aber schrieb der Sohn nach Hause: „Lieber Vater, ich bemühe mich sehr darum, in der Fremde zurechtzukommen, leider werden wir aber ständig von den Barbaren angegriffen, die in der Überzahl sind.“ Der Vater sicherte dem Sohn Unterstützung zu und ließ eine größere Burg errichten, welche nun von 1 000 Soldaten bewacht wurde.

Nach einem Jahr schrieb der Sohn wieder: „Lieber Vater, trotz der größeren Burg und der dickeren Mauern nehmen die Barbarenangriffe zu, wir werden nicht mehr lange standhalten können.“ Der König wollte dem Sohn nun wirklich zur Hilfe kommen. Er ließ eine große Wehranlage weiter weg mit mehreren Ringmauern und Wassergräben errichten, damit sein

Sohn geschützt sei. Eine Truppe von 10 000 Soldaten sollte ihn bewachen.
Doch nach einem Jahr kam wieder ein Brief: „Lieber Vater, trotz der massiven Aufrüstung nehmen die Barbarenangriffe nicht ab. Wir werden Tag und Nacht angegriffen. Unsere Kräfte sind erschöpft.“ Nun entschloss sich der König, gegen den Rat der Berater, den Sohn nach Hause zu holen. Er sagte: „Das Wegschicken des Sohnes, das Hochziehen von Mauern und die Ausstattung mit 10 000 Soldaten haben nicht zum Erfolg geführt, sondern alle nur geschwächt. Nun werde ich meinen Sohn zu mir ins Schloss nehmen, ich will ihn besser kennen lernen und versuchen, mit ihm ein Auskommen zu finden.“

Unausweichlichkeit des Leidens

Kein Lebewesen kann Geburt, Alter, Krankheit und Tod umgehen. Das Bemühen, dem Leiden auszuweichen, verstärkt das Problem nur noch mehr. Wenn Menschen dennoch glücklich sein wollen, was wir uns jederzeit selbst erlauben können, so ist es nötig, dem Leiden gegenüber eine Haltung zu entwickeln, die die Probleme und Hindernisse einerseits akzeptiert, andererseits aber auch den Wunsch nach Glück und Freude bejaht und verfolgt. In einer Haltung der Achtsamkeit ist es möglich, den Schmerz, die Wut, die Frustration und die Anspannung geschehen zu lassen, zu betrachten, kennen zu lernen und zugleich mit einer gewissen Geduld und Freundlichkeit (aus-) zu halten. In ähnlicher Weise kann den persönlichen Wünschen Raum gegeben werden, um sie kennen zu lernen und ggf. zu unterstützen. Wir müssen unser Glücklichsein nicht von der Erfüllung dieser Wünsche abhängig machen. Wir können erkennen, dass wir uns mit einer Fülle verbinden können, die bereits da ist, wenn wir damit aufhören, dem Leben unseren Willen aufzwingen zu wollen und danach zu greifen. So verhilft uns die Akzeptanz zu Freiheit und Glück und dazu, tiefen Frieden und Heiterkeit zu finden.

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