Achtsames Atmen: die Anapanasati-Meditation

Eine der bekannteren Lehrreden des Buddha ist das Anapanasati Sutta, es handelt von der Praxis der Atemmeditation. 

Wohl nicht ganz zufällig beziehen sich nur wenige seiner zahlreich überlieferten Lehrreden auf die Praxis dessen, was im Westen "Meditation" und in östlichen Kulturkreisen traditionell "bhavana" ("hervorbringen", "kultivieren" u.ä.) genannt wird. Interessant mag der Bedeutungsfokus erscheinen: während auf der einen Seite in zweckintendierter Weise eine "Mitte" Ziel der Übung zu sein scheint, nicht selten aufgeladen mit hieran gekoppelten Heilserwartungen und Projektionen, geht es auf der anderen Seite eher um das Hervorbringen bestimmter Fähigkeiten / Fertigkeiten bzw. Seinszustände.

Vor einer großen Gruppe fortgeschrittener und weniger fortgeschrittener Übender gab der Buddha die Anleitung zur Praxis des achtsamen Ein- und Ausatmens ("Ana" = Einatmen, "Apana" = Ausatmen, "Sati" = achtsam). In 16 Stufen führt achtsames Atmen so zu nicht weniger als zur Befreiung des Geistes von seinen Anhaftungen, der Überwindung der geistigen Hindernisse (Begehren, Hass, Unruhe, Trägheit, Zweifel) und der Zusammenführung der Erwachensfaktoren (Achtsamkeit, Prüfung, Freude, Ruhe, Energie, Konzentration und Gleichmut) und damit auch der Aufhebung der Dualität (der Erfahrung von Getrenntheit) bzw. der Überwindung der Illusion des Selbst und aller Konzepte darüber.

Da das Einssein keine Abstufung und gültigen Kategorien kennt, weil diese wiederum eine Getrenntheit voraussetzen würden, kann diese Befreiung auch bereits in der ersten Stufe gefunden werden. Vor allem dann, wenn die Erfahrung von Erwachensfaktoren begleitet wird. Dies spiegelt sich u.a. auch darin wieder, dass auch bereits schon der Buddha in seinen Erläuterungen zum bedingten Entstehen keine Bedingung für das Entstehen von Erleuchtung voraussetzte, ähnlich, wie es sich auch in anderen, nicht-dualistischen Denksystemen wiederfindet, wie dem kaschmirischen Tantrismus und dem diesem vorausgehenden Shivaismus (s. z.B. bei Daniel Odier), wonach all dessen zahllose Unterweisungen und Praktiken letztlich nur Material sind, um den Schüler zu beschäftigen und für die Erleuchtung am Ende bedeutungslos, dem spirituellen Grundlagenwerk "Ein Kurs in Wundern", wonach die Komplexität der "Welt" lediglich der Traum ist, den das Ego projiziert, um sich selbst aus einer Illusion von "Schuld" heraus hinter nahezu unendlicher Komplexität vor Gott zu verstecken, und dessen Aufhebung am Ende recht unkompliziert ist, ähnlich auch den Lehren des Ramana Maharishi (z.B. E. Tolle) mit ihrer rigorosen Ausrichtung auf die Frage "Wer bin ich?", welche auf das Erwachen hinein in die letztendliche Wirklichkeit zielt.

Am Ende und am Anfang der Anapanasati-Praxis steht Nirvana, was übersetzt soviel heißt, wie „kein Feuer“. Nichts wird länger befeuert, nichts wird hervorgehoben, nichts beiseite geschoben durch Wollen, Nicht-Wollen oder Täuschung. Alles ruht als das, was es ist in unendlichem Frieden und wacher Gegenwart. Nichts anderes ist auch Mahamudra.

Die Anapanasati-Meditation trägt den 4 Anwendungen der Achtsamkeit (Körper, Gefühle, Geist, Dharma) Rechnung, indem ihre 16 aufeinanderfolgenden Stufen thematisch in 4 Tetraden untergliedert sind.

Hier nun die Anleitung zur Anapanasati-Meditation von Christopher Titmuss in Übersetzung aus dem Englischen aus "The explicit Buddha. The Depths of the Teachings for Awakening", www.insightmeditation.org  2017: 

 

Der Diskurs des Buddha und die Praxis

Die Rede des Buddha über die Achtsamkeit des Atems offenbart die herausragende Qualität seines Ansatzes zur Meditation. Seine Reden sind in vier Tetraden unterteilt. Die vier Stufen in jeder Tetrade zeigen die innere Entwicklung im Prozess der Meditation. Die 16 Stufen beginnen mit der Achtsamkeit auf den Atem und enden mit einer erleuchteten Seinsweise. Dieser Diskurs entsteht aus der direkten Erfahrung der Achtsamkeit beim Atmen, die in jeder Stufe vorkommt, bis hin zu den letzten vier Stufen mit Unterweisungen und Einsichten für ein erleuchtetes Leben. Hingebungsvoll Meditierende haben jede dieser Stufen erforscht, um die Tiefen der subtilen Erfahrung für eine wahrhaft befreite Lebensweise zu erkennen.

Sechzehn Stufen

In einer Rede im nordindischen Savatthi vor angesehenen, erfahrenen Meistern des Dharma sowie auch neuen Schülern sagte der Buddha: 

"Die Achtsamkeit des Atems, entwickelt und kultiviert, ist von großer Frucht und großem Nutzen." 

Er fügte hinzu, dass diese Ausführungen den Vier Anwendungen der Achtsamkeit Rechnung tragen, nämlich die Anwendung der Achtsamkeit auf den Körper, die Gefühle, den Geist und den Dharma. Die Erforschung dieser Achtsamkeit führt zu den Sieben Gliedern des Erwachens, die da sind: Achtsamkeit, Erforschung, Energie, Glück, Gelassenheit, Konzentration, Gleichmut. Jede Tetrade entspricht einer der vier Anwendungen der Achtsamkeit.

 

ERSTE TETRADE

Er/sie übt:
Beim langen Einatmen weiß er/sie: "Ich atme lang ein".
Beim kurzen Einatmen weiß er/sie: "Ich atme kurz ein".
Beim langen Ausatmen weiß er/sie: "Ich atme lang aus".
Beim kurzen Ausatmen weiß er/sie: "Ich atme kurz aus".
Einatmend: "Ich erfahre den ganzen Körper".
Ausatmend: "Ich erfahre den ganzen Körper".
Einatmend: "Ich beruhige die Körperformation".
Ausatmend: "Ich beruhige die Körperformation". 

 

ZWEITE TETRADE

Er/sie übt:
Ich atme ein und erfahre Glück.
Ich atme aus und erfahre Glück.
Ich atme ein und erfahre Freude.
Ich atme aus und erfahre Freude.
Ich atme ein und erfahre die Geistige Formation.
Ich atme aus und erfahre die Geistige Formation.
Ich atme ein und beruhige die Geistige Formation.
Ich atme aus und beruhige die Geistige Formation.

 

DRITTE TETRADE

Er/sie übt:
Ich atme ein und erfahre den Geist.
Ich atme aus und erfahre den Geist.
Ich atme ein und erfreue den Geist.
Ich atme aus und erfreue den Geist.
Ich atme ein und konzentriere den Geist.
Ich atme aus und konzentriere den Geist,
Ich atme ein und befreie den Geist
Ich atme aus und befreie den Geist.

 

VIERTE TETRADE

Er/sie übt:
Ich atme ein und sehe die Vergänglichkeit.
Ich atme aus und sehe die Vergänglichkeit.
Ich atme ein und sehe das Vergehen.
Ich atme aus und sehe das Vergehen.
Ich atme ein und sehe das Ende.
Ich atme ein und sehe das Ende.
Ich atme ein und sehe das Loslassen.
Ich atme aus und sehe das Loslassen.

 

Diese Abhandlung enthält einen Kommentar zu allen vier Tetraden zur Unterstützung der Praxis von Ruhe und Einsicht (Samatha- und Vipassana-Meditation). Der Text unterstützt sowohl Meditationsanfänger als auch solche mit langjähriger Erfahrung, insbesondere in der buddhistischen Tradition der Meditation. Übende schätzen die Verbindung zu einem Meditationslehrer mit jahrelanger Ausbildung in Ruhe- (Samatha) und Einsichtsmeditation (Vipassana), sowie dem achtfachen Pfad und Umgang mit befreienden Erkenntnissen. Sie  berücksichtigen die vorbereitenden Aspekte, die den Prozess der Meditation wesentlich unterstützen, bevor sie sich auf das Meditationskissen setzen.

 

Als vorbereitende Praxis berücksichtigt und entwickelt der/die Übende vier Bereiche:

  • Die Verpflichtung, sich nicht am Töten zu beteiligen oder es zu unterstützen, nicht zu nehmen, was einem nicht gegeben wird, sexuellen Missbrauch, Lügen und Missbrauch von Alkohol und Drogen.
  • Die Anwendung einer einfühlsamen Disziplin hinsichtlich der Zurückhaltung gegenüber dem, was wir sehen, hören, riechen, schmecken, berühren und denken.
  • Eine gesunde Lebensweise oder ein gesundes Lernfeld, frei davon, sich selbst oder anderen Schaden zuzufügen.
  • Eine Verpflichtung zur Mäßigung in Bezug auf die vier wesentlichen Dinge des täglichen Lebens, nämlich Kleidung, Nahrung, Wohnung und Medizin.

Mit weiser Unterscheidung, Achtsamkeit und klarem Verständnis verfügt der Praktizierende über die Grundlage für eine Meditationspraxis, die sich auf eine klare, ethische Lebensweise stützt. Die Anwendung der vorbereitenden Voraussetzungen drückt sich in einer Verschiebung der Prioritäten hin zu einer ethischen Lebensweise aus. Die gezielte Einbeziehung dieser vier Bereiche trägt wesentlich zu einem Geist in Frieden bei, der frei von Schuldgefühlen ist, nicht von ungesunden Wünschen geplagt wird und nicht in einer Reihe von Vorlieben und Abneigungen gegenüber den Sinnesobjekten der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft verweilt. Diese Vorbereitung unterstützt eine tiefe Meditation, indem man in Frieden mit der materiellen Welt ist und keine Ansprüche an andere oder sich selbst stellt. Mit einer solchen Haltung ist der Meditierende innerlich bereit für die Erforschung der Meditation auf einer dauerhaften Basis. Eine Person mit einem beunruhigten Geist teilt die Angelegenheit mit einem Dharma-Lehrer, einem Mentor oder einem erfahrenen Freund. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der unruhige Geist während der Meditation unter Stress gerät. Buddhistische Mönche haben sich traditionell auf einen kurzen Beichtprozess eingelassen, um den Geist von allen Spannungen zu befreien, die der Meditation im Wege stehen. Eine geeignete Umgebung vermeidet Hindernisse wie Lärm und Verschmutzung, verschiedene Ablenkungen und ein Übermaß an Aufgaben. Zu den Hindernissen können auch soziale Verpflichtungen, familiäre Pflichten, Reisen, Krankheit und Studium gehören. Ein Langzeitretreat braucht Ruhe, ein gewisses Maß an Einsamkeit, eine Hütte oder einen kleinen Raum. Der Meditierende ist fern von Familie und weltlichen Ablenkungen und hat meistens Zugang zu einem Meditationslehrer. Achtsamkeit gegenüber persönlichen Merkmalen erfordert Wachsamkeit und Fähigkeiten, um sich zu entwickeln. Wir müssen achtsam mit den Persönlichkeitsmerkmalen umgehen, die wir zur Meditation mitbringen.

Verschiedene Arten herausfordernder Charaktere

  • verträumter Charakter 
  • dumpfer Charakter 
  • emotionaler Charakter
  • ängstlicher Charakter
  • negativer Charakter
  • denkender Charakter
  • wollender Charakter

Geeignete Umgebung für die Meditation

  • Klima
  • Essen
  • Ort 
  • Menschen 
  • Körperhaltung 
  • Praktiken 
  • Lehrer

Ein Praktizierender berücksichtigt die sieben oben aufgeführten geeigneten Punkte, ohne sich in dem Wunsch nach Perfektionismus in diesen Bereichen zu verfangen. Neue und erfahrene Meditierende finden es viel einfacher, eine tiefe Meditation zu entwickeln, wenn sie ein allgemeines Gefühl der Zufriedenheit mit einer geeigneten Umgebung erfahren.

 

Zwei Arten der Meditation

Die erste Art der Meditation ist fortlaufend. Die zweite Art der Meditation ist spezifisch für die Konditionierung des Geistes.

  1. Die Meditation ist punktuell und fokussiert, wobei der Meditierende fest auf ein Objekt wie z.B. die Achtsamkeit auf die Atmung konzentriert bleibt
  2. Der Meditierende wendet seine Praxis entsprechend dem Temperament des Meditierenden an, z.B.:
  • Ein begieriges Temperament kann es erforderlich machen, über die unbefriedigende Natur von begehrenswerten Objekten zu meditieren.
  • Das von Verlangen erfüllte Temperament meditiert über die Unbefriedigbarkeit des Verlangens (der Verlangen).
  • Das verträumte Temperament meditiert über die Dringlichkeit, die Kürze des Lebens und die kostbare Gelegenheit zum Meditieren
  • Der dumpfe Charakter meditiert über Licht, Farbe, Schönheit und kultiviert Vitalität und Energie
  • Der emotionale Charakter meditiert über die Vorteile ruhiger Gefühle, klarer Momente und wendet sich gegen jegliche Identifikation mit Geschichten und die Inflation von Situationen, ob angenehm oder schmerzhaft.
  • Das negative Temperament meditiert über Freundschaft und liebevolle Güte.
  • Der denkende Charakter meditiert über den Raum zwischen den Gedanken, die Beschäftigung mit den bloßen Sinnen. 

Samadhi ist das Pali-Wort für meditative Konzentration. In den Texten des Buddha wird Samadhi auf zweierlei Arten definiert:

  1. Der heilsame Geist, der beständig auf ein Objekt fixiert ist
  2. Die Vereinheitlichung des Geistes.

Feste Konzentration auf ein einziges Objekt bedeutet, dass geistige Hindernisse, Stress oder übermäßige Gedanken den Geist nicht stören. Samadhi bietet die Erfahrung der Nicht-Abgelenktheit und trägt so zur Verwirklichung von Ruhe bei. Glück fungiert als annähernde Bedingung für Samadhi und es ist gleichzeitig ein Ergebnis von Samadhi. Samadhi entwickelt sich durch die Anwendung von:

  • Aufmerksamkeit vom Aufwachen bis zum Schlafen
  • Geduld mit dem Prozess
  • Abbau von Stress in Geist und Körper
  • die Motivation, Samadhi zu entwickeln
  • weise Anweisungen des Meditationslehrers

 

Zwölf signifikante Vorteile von Samadhi
Dazu gehören:

  1. Die Fähigkeit zu entschlossenem Handeln
  2. Die Fähigkeit, veränderte Bewusstseinszustände zu erleben
  3. Ein Beitrag zu höherem Wissen und Verständnis über die Art und Weise, wie die Dinge sich entfalten
  4. Ein Beitrag zu einer heilsamen Kraft des Geistes
  5. Ein Schritt in Richtung Befreiung
  6. Die Fähigkeit, in herausfordernden Situationen standhaft zu bleiben
  7. Ein authentisches Gefühl des Wohlbefindens
  8. Eine Erfahrung der Abwesenheit von Hindernissen
  9. Glücklichsein in der Erfahrung von Samadhi
  10. Verwirklichung von Samadhi, um formlose Welten zu erkennen
  11. Eine Basis für Einsicht und befreiende Realisationen
  12. Erfahrungen innerer Absorption für tiefen, inneren Frieden

 

Achtsamkeit beim Atmen als vierfaches Training

Hier ist eine andere Art, den Nutzen der Praxis zu betrachten.

  • Die Praxis von Samadhi führt zu Glück, Gelassenheit und geschickter Reflexion.
  • Die Praxis führt dazu, von Augenblick zu Augenblick klar zu sehen.
  • Die Praxis führt zu größerem Gewahrsein und klarem Verständnis für den Prozess des Innenlebens.
  • Die Praxis führt zum Erlöschen der ungesunden Ein- und Ausflüsse.

Der Buddha sprach nachdrücklich von den immensen Vorteilen der Achtsamkeit des Atmens für sich selbst, für diejenigen mit tiefer Verwirklichung und für engagierte Praktizierende. Diese Praxis kann während der gesamten Lehrzeit angewendet werden. Sie ist für alle Temperamente und alle Situationen geeignet. Die Anwendung der Achtsamkeit auf den Atem kann bis zum letzten Ausatmen innerhalb unserer Existenz gelten. Der Diskurs über Achtsamkeit beim Atmen (Mittellange Diskurse 118) beschreibt diese Praxis im Detail. Regelmäßige Hinweise auf die Achtsamkeit des Atmens erscheinen auch an anderen Stellen in den Reden des Buddha. Der Buddha erklärte, dass die Achtsamkeit beim Atmen die Einsicht in die Körpergefühle, die Geisteszustände und den Dharma unterstützt. Dies führt zu einer direkten Erfahrung jedes der Faktoren des Erwachens, sowohl kollektiv als auch individuell, und zu einem direkten Wissen über die Befreiung, nämlich die Beendigung des Leidens.

 

 1. Tetrade (Körper)

St I & II

lang einatmend weiß er / sie, "ich atme lang ein"

kurz einatmend weiß er / sie , "ich atme kurz ein"

lang ausatmend weiß er / sie, "ich atme lang aus"

kurz ausatmend weiß er / sie, "ich atme kurz aus" 

Zu Beginn ist es sinnvoll, absichtsvoll sowohl tief (durchaus so tief, wie möglich, vielleicht 20-30s oder länger. Dies steht im Kontrast zu der absichtslosen Atembeobachtung, wie sie in der landläufigen Achtsamkeitspraxis angeleitet wird), als auch kurz ein- und auszuatmen, um die unterschiedlichen Auswirkungen des langen und des kurzen Ein- und Ausatmens auf den Körper zu erfahren. Der/die Meditierende bleibt hierbei vor allem auch achtsam in der Phase zwischen dem Ende des Ausatmens und dem Beginn des nächsten Einatmens, da während dieser Phase der Geist besonders leicht auf Wanderschaft geht. Er/sie erfährt unterschiedliche Modalitäten bzw. Qualitäten des Atmens (z.B. grob oder fein, schwer oder leicht etc.) sowie die Auswirkungen der Absicht und inneren Haltung hinsichtlich des Atemprozesses.

Samadhi (meditative Konzentration) entwickelt sich durch die fortgesetzte Aufmerksamkeit für das Ein- und Ausatmen. Es ist wichtig, bei jedem achtsamen Atemzug zu bemerken, ob der Atem lang oder kurz oder irgendwo zwischen diesen beiden Polen ist.

Der Atem berührt die Hautoberfläche, wie v.a. innerhalb der Nasenlöcher oder in der Lunge. Mit fortschreitender Geübtheit erfährt der Meditierende eine Reduktion der Wanderschaft seines Geistes hin zu persönlichen Themen, Müdigkeit, Unruhe und konzeptuellen Ablenkungen. Das primäre Interesse gilt dem klaren Verständnis der gegenwärtigen Bedingung des Atemprozesses.

Der Geisteszustand beeinflusst den Atem. So kann z.B. Angst den Atem zusammenziehen bzw. den natürlichen Atemfluss begrenzen. Müdigkeit, Schmerz, eine Erinnerung oder Verwirrung, eine Phantasie oder Geschichte kann ebenso den Atemprozess beeinflussen, wie Geistesruhe, Empathie oder Glück.

Hier kann der Vergleich mit einer Kinderwiege sinnvoll sein: Die Mutter schiebt die Wiege mit dem Baby darin an, während sie der Bewegung der Wiege folgt, ob diese lang ist oder kurz, schnell oder langsam. Durch die körperliche (äußere) Ruhe und die Geistespräsenz findet der Atem zu einem ruhigen und gleichförmigen Rhythmus. 

 

St III

einatmend: ich erfahre den ganzen Körper

ausatmend: ich erfahre den ganzen Körper

Mit klarem Verständnis entwickelt der Meditierende die Fähigkeit, den gesamten atmenden Körper in seinem Wesen zu erfahren. Atme langsam ein und aus, lang und tief, mit der Absicht, die Wirkung des Atems vom Kopf bis zu den Zehen zu erfahren.
Die Erfahrung des ganzen Körpers bezieht sich auf ein klares Verständnis der Art und Weise, wie sich der Atem auf das zelluläre Leben im gesamten Körper auswirkt. Es gibt ein direktes Wissen über den Körper als die Elemente, aus denen er zusammengesetzt ist, als sich verändernde Empfindungen, während man alle Veränderungen vom Angenehmen zum Unangenehmen und vom Unangenehmen zum Angenehmen erlebt. Die Praxis kann das Ein- und Ausatmen bei schmerzhaften Körperempfindungen beinhalten. Der Meditierende ändert achtsam seine Haltung, wenn es sich wie ein Kampf anfühlt, ruhig zu bleiben, und kehrt dann in die ursprüngliche Haltung zurück.
Die Atmung steht in direktem Zusammenhang mit den Funktionen des Körpers und der Art der Empfindungen, die der Meditierende erfährt. Die Achtsamkeit auf die Atemerfahrung im ganzen Körper verdeutlicht den Körper als die Elemente Erde, Luft, Wärme und Wasser. Die Wahrnehmung des gesamten Geist-Körper-Gefüges als eine Einheit wird deutlich. Der Meditierende erfährt die vier Elemente als Festigkeit/Härte (Erde), Ausdehnung und Zusammenziehen (Luft), Wärme oder Kälte des Körpers (Hitze) und Fluidität (Blut, Speichel, Schweiß). Der Atem fungiert als Brücke zwischen Körper und Geist für Harmonie und Integration.

Eine vertiefte Ruhe kann nun geschehen.

 

St IV

einatmend: ich beruhige die körperliche Formation

ausatmend: ich beruhige die körperliche Formation

Der Meditierende beruhigt die gesamte Körperformation. Der Meditierende verbindet seine Aufmerksamkeit mit dem Anfang, der Mitte und dem Ende jeder Einatmung, ein- und ausatmend, um ein authentisches Gefühl der Beruhigung des ganzen Körpers durch die natürliche, subtile und tiefe Atmung zu erfahren.
Die Beruhigung der Körperformationen durch die Achtsamkeit der Atmung unterstützt die entsprechende Harmonie der Achtsamkeit, Samadhi und ein sich vertiefendes Gefühl des inneren Friedens. Die Beruhigung des Körpers erfolgt durch ein entspanntes und aufrechtes Gefühl der Präsenz. Die Beruhigung des Körpers vertieft sich durch Konzentration, Klarheit und Einsichten, um Stress, Spannungen und Unruhe in Körper und Geist aufzulösen.
Im Pali bezieht sich Samatha (Ruhe, Gelassenheit) auf die innere Entwicklung durch die Anwendung von Gelassenheit auf das ganze Wesen als fortlaufende Praxis. Samatha entwickelt sich durch das Loslassen von Anhaftungen, Einsicht in die Bedingungen und das klare Sehen der Dinge, wie sie sich entfalten.
Die Beruhigung der körperlichen Formationen geschieht auf natürliche Weise durch die Reduzierung oder Auflösung des Egos, des problematischen "Ich", "mich" und "mein". Dies schließt die Anhaftung an den Körper und seine Erscheinung ein. Der Meditierende sieht den Körper als Elemente, während er achtsam ein- und ausatmet. Er/sie kennt die Achtsamkeit für die Elemente einfach als Elemente: Dieser Ansatz trägt dazu bei, die Körperformationen zu beruhigen. Abgesehen von erblichen und genetischen Faktoren entsteht die größte Störung der Körperruhe durch die Einflüsse von "Ich, "mich" und "mein" auf den Körper.

Erwartungen, Ablenkungen, Vergesslichkeit und übermäßiges Denken wie "Mache ich es richtig oder falsch?" verdecken die einfache Praxis der Achtsamkeit beim Atmen. Während man den ganzen Körper erfährt, erlaubt man ihm, sich zu entspannen, während man immer noch eine aufrechte Haltung einnimmt.
Wesentliche Unterbrechungen wirken sich auf den Meditierenden aus, wie z.B. ein problematischer Geisteszustand, eine fesselnde Geschichte im Geist, eine packende Erinnerung oder ein Krampf wertender Meinungen. Der problematische Gemütszustand erfordert möglicherweise eine gewisse Einsicht und ein Verständnis für die Entstehung dieses Gemütszustands, bevor man zur Achtsamkeit auf den Atem und zur Beruhigung der Körperformationen zurückkehrt.

 

2. Tetrade (Gefühle)

Diese Tetrade schließt Gefühle ein, wie im zweiten Abschnitt des Diskurses über die vier Anwendungen der Achtsamkeit. Die ersten vier Stufen der Tetrade können auch zur anfänglichen Vorbereitung auf tiefe meditative Versenkungen (Jhanas) beitragen. Die zweite Tetrade führt den Meditierenden zu tieferen Ebenen von Samadhi mit enger Verbindung zu den Gefühlen. Diese Tiefe kann zu den vier Absorptionen führen, die der Buddha als von großem Nutzen für den Meditierenden ansah. Nicht alle Meditierenden haben Zugang zu den Jhanas. Umwelt- und Erbfaktoren sowie ungelöste innere Probleme können den Zugang zu den Jhanas verhindern. Die Jhanas sind keine Voraussetzung für Befreiung oder eine erleuchtete Lebensweise. 


Acht nützliche Prioritäten weisen auf die Entwicklung eines Jhana hin. Dazu gehören: 

  1. jedes Ein- und Ausatmen zu zählen, um anfänglich die Kraft der Konzentration zu entwickeln
  2. eine Verbindung der Achtsamkeit mit jedem Atemzug zu entwickeln
  3. von Augenblick zu Augenblick mit der Wirkung des Atems in Berührung zu kommen
  4. die Achtsamkeit auf den Atem zu richten
  5. die ständige Verbindung zwischen Geist und Materie zu erkennen
  6. sich von allem anderen abzuwenden, was von der Anwendung dieser Hinweise ablenkt
  7. die Beziehung zwischen Ruhe und Klarheit und der Achtsamkeit auf den Atem zu erkennen, wenn man vollständig mit dem Atem verbunden ist
  8. über den Prozess nachzudenken, der dazu führt, in einem Jhana zu verweilen.

Bei der Zählmethode zählt man bis 10 und kehrt dann zur 1 zurück. Der Meditierende spricht die Zahl im Moment des Atmungsendes innerlich aus. Es kommt oft vor, dass der Geist am Ende des Ausatmens den Kontakt zum Atem verliert.
Achtsamkeit wirkt wie ein Torwächter. Der Torwächter bleibt am Tor stehen und beobachtet, wie sich das Tor öffnet, wenn eine Person in eine Richtung geht, und beobachtet dann, wie die Person zurückkommt und wieder durch das Tor geht. Der Torwächter bleibt klar, beständig und konzentriert. In dieser Analogie ist die Achtsamkeit der Torwächter, der Atem ist die Person und das Tor ist der Körper.

Nehmen wir die Analogie des Zimmermanns. Der Tischler sägt mit Bedacht, muss aber nicht darauf achten, wo die Säge das Holz berührt. Die Zähne der Säge bewegen sich langsam und gleichmäßig vor und zurück. Die Einheit zeigt sich in der Aktion des Sägens. Der Schreiner sieht den einsgerichteten Fluss, auch wenn er sich nicht auf den Punkt konzentriert, an dem die Säge das Holz tatsächlich berührt.
Die Jhanas bleiben ständig für diejenigen verfügbar, die ihre Meditationen mit der Priorität der Einsicht entwickeln, sowie für diejenigen, die ihre Meditationen mit der Priorität der Ruhe entwickeln. In der Erfahrung der Abwesenheit geistiger Hindernisse werden innere Absorptionen der Ruhe, des Glücks und der tiefen Reflexion oder des Verblassens der Gedanken zugänglich. Ohne mit der Sprache der Jhanas vertraut zu sein, berichten Meditierende regelmäßig von ihrem tiefen Erleben von Glück, Freude und Gleichmut, die die Jhana-Erfahrung bestätigen.
Die erste der meditativen Versenkungen (jhanas) besteht aus fünf Faktoren, nämlich Einspitzigkeit, Freude, Glück, angewandte Reflexion und Nachdenken.

Das Jhana offenbart eine wahre Tiefe des Erlebens, der Stetigkeit und der Kontinuität.

  • Im ersten Jhana sind alle fünf Faktoren vorhanden.
  • Im zweiten Jhana gibt es drei Faktoren: Freude, Glück und Einspitzigkeit
  • Im dritten Jhana gibt es zwei Faktoren: Glück und Einspitzigkeit
  • Im vierten Jhana gibt es zwei Faktoren: Einspitzigkeit und Gleichmut.

Jede Absorption erscheint grob, wenn der Meditierende den Übergang von einer Absorption zur nächsten vollzieht. Anfänglich weiß der Meditierende nicht, wie tief die Absorption ist. Die fortlaufende Erfahrung des Meditierenden gibt die Einsicht und Klarheit über die Tiefe. Ein Lehrer der Jhanas kann auch klug über die Methoden und Tiefen beraten, die zugänglich sind. Die Ansichten der Jhana-Lehrer variieren. Es gibt einige Lehrer, die ein eher oberflächliches und kurzes Erleben der Achtsamkeit auf die Atmung und des Glücksgefühls als ein Jhana betrachten.

Im anderen Extrem sind einige Lehrer der Meinung, dass eine Jhana-Erfahrung sehr, sehr selten ist und nur einem Langzeitmeditierenden in der allerbesten Umgebung zugänglich ist. Manchmal muss sich der Meditierende auf sich selbst verlassen, um ein Jhana und seine Tiefe zu bestimmen.
Die Tiefe der Achtsamkeit/Konzentration variiert innerhalb eines Jhana. Das Gefühl einer ruhigen Tiefe bleibt allen vier Jhanas gemeinsam.
Das Vorhandensein der Vereinigung von Körper/Geist und die Einspitzigkeit sind ebenfalls allen Jhanas gemeinsam. Dies macht die Unterschiede zwischen den vier Absorptionen deutlich. Das vierte Jhana des Gleichmuts und der Einspitzigkeit zeigt eine beständige Präsenz und ein sehr tiefes Gefühl des inneren Friedens im Geist, der ausgeglichen und sanft ist. Der Meditierende erfährt eine Verfeinerung durch jedes der vier Jhanas mit einem genuinen Gefühl des Wissens, mehr und tiefer zu gehen. Er/sie spürt eine unerschütterliche Präsenz im Jhana, bis sich Energie, Präsenz oder Fokus verändern.
Die Jhana-Praxis ermöglicht es, dass ungelöste innere Themen an die Oberfläche kommen, die die Tiefe der Ruhe behindern und erschweren. Diese ungelösten Themen bedürfen der Aufmerksamkeit, indem man mit ihnen arbeitet und den Prozess, der zu reaktiven Ausbrüchen oder übermäßigem Denken geführt hat, durch Einsicht und Verständnis erkennt. Die Anleitung durch einen Lehrer kann in solchen Zeiten durchaus angebracht sein. Sobald man die Aufwallung von Hindernissen überwunden hat, kann man zur Jhana-Praxis zurückkehren.
Die Beherrschung des Zugangs zum Jhana kommt durch die Praxis. Es gibt eine wachsende Fähigkeit dazu:

  • Den Geist zu einem Jhana führen.
  • Eintreten in das Jhana.
  • Das Jhana aufrechterhalten.
  • Aus dem Jhana herauskommen, ohne daran zu haften.
  • Das Jhana auf Klarheit und Einsicht hin überprüfen (rekapitulieren).
  • Die Überprüfung kann in Form von sieben Fragen erfolgen:
  • Welche Arten von Umgebungen sind geeignet, um die Beherrschung von Jhanas zu entwickeln?
  • Welche Methoden ermöglichten den Zugang zu einem Jhana?
  • Was trägt dazu bei, im Jhana zu verweilen?
  • Was kann den Prozess flüssiger machen, um den Zugang zu erleichtern?
  • Was trägt dazu bei, aus dem Jhana herauszukommen?
  • Worin zeigt sich Achtsamkeit und ein klares Verständnis für das Auftauchen?
  • Was sind die Vorteile des Auftauchens aus einem Jhana?

Die Entwicklung von Fähigkeiten für den Zugang zum Jhana kann mit dem Fahrradfahren verglichen werden. Wir steigen auf das Fahrrad. Wir wackeln. Wir fallen herunter. Wir steigen wieder auf das Rad. Wenn wir uns der Praxis widmen, finden wir heraus, dass wir radeln können, dass wir im Gleichgewicht, ruhig und konzentriert bleiben. Der Meditierende begann mit einer enormen Anstrengung, bis er wusste, wie er beim Radfahren das Gleichgewicht halten kann, ohne dass es einer Anstrengung bedarf.

Die Erfahrung von wenig oder gar keinem Stress im Körper/Geist-Prozess ermöglicht den Zugang zu meditativen Tiefen und, für manche, zu einer Vielzahl von spirituellen/mystischen/religiösen Erfahrungen. Die Faktoren der Einseitigkeit, der Präsenz, des Interesses und der Energie tragen dazu bei, dass man unterschiedlich lange in solchen meditativen Versenkungen verweilen kann. Wenn man das erste Jhana beherrscht, ist es ein langer Weg zur Beherrschung der nächsten drei Jhanas. Es handelt sich um einen Übungsweg, den der Meditierende durch die Praxis zu beherrschen lernt, ohne zu versuchen, mit seinem Willen Druck auszuüben, um das Ziel des Jhana zu erreichen.
Die Anwendung dieser meditativen Praxis bringt mehr Achtsamkeit für die einfachen Fähigkeiten, die für diese Absorptionen notwendig sind. Der Meditierende benötigt die Anwendung der grundlegenden Praktiken, zusammen mit häufiger Reflexion, um die Fähigkeit zu gewährleisten, den Zugang zu einer Absorption zu meistern. Der Buddha wies darauf hin, dass es vier Arten von Meditierenden gibt. Ein Meditierender kann alle vier Arten von Meditierenden entsprechend den Ursachen und Bedingungen in verschiedenen Perioden kennen.

  • Langsam und schmerzhaft
  • Langsam und glücklich
  • Schnell und schmerzhaft
  • Schnell und glücklich

Innere Entwicklung befähigt den Meditierenden zu einer Reihe von veränderten Bewusstseinszuständen und verschiedenen Ausdrucksformen von Glück und Liebe. Auf der Grundlage unterstützenden Wissens, einer geschickten Herangehensweise und früherer Erfahrungen werden Übende versiert darin, das Beste aus dem inneren Leben herauszuholen. Die weise Anwendung der wertvollen inneren Erfahrungen erfordert auch ein Verständnis für die Anwendung im täglichen Leben.
Mit der Beruhigung des Körpers und seiner Funktionen können die vier Stufen der zweiten Tetrade von einer zur anderen fließen. 

 

St V & VI

ich atme eine und erfahre Freude

ich atme aus und erfahre Freude

ich atme ein und erfahre Glück

ich atme aus und erfahre Glück 

Piti, der Pali-Begriff für Freude, beinhaltet auch Färbungen, wie Entzücken, Glückseligkeit, Hochgefühl oder eine intensive Erfahrung von Glück auf zellulärer Ebene.

  • der/die Meditierende kann Piti erfahren durch sein/ihr Gewahrwerden über die Fortschritte in der Entwicklung der eigenen Praxis,
  • er/sie empfindet dieses Glück in dem Wissen darum, dass hier ein Verweilen in einem unabgelenkten Seinszustand geschieht,
  • er/sie erfährt dieses Glück durch das Interesse und Engagement für das tiefe Meditieren,
  • er/sie empfindet dieses Glück durch die Wahrnehmung von Lebendigkeit und die Rückbesinnung auf das Kostbare,
  • er/sie empfindet diese Freude über das Wissen darum, dass die Achtsamkeit gut etabliert und für das Objekt voll präsent ist,
  • er/sie weiß um die wahre Freude in der Erfahrung inneren Friedens, von Liebe und Erkenntnissen im Zuge der Praxis.

Im ersten Jhana können durch die Anwendung und fortwährende Rückbesinnung auf Aspekte des Dharma und der Praxis wesentliche Einsichten entstehen. In den nächsten 3 Jhanas entstehen diese Einsichten und Erkenntnisse eher auf natürliche Weise als Ausdruck des Glücks, der Ruhe und des Gleichmutes. Es ist ein wenig so, als blicke man in einen klaren Teich, um die Vielzahl von Fischen, Steinen und Kieseln auf dem Grund zu erkennen, die der/die Meditierende zuvor nicht sah.

In der zweiten Tetrade fokussiert die Achtsamkeit auf Freude in der Meditation und auf das Erkennen der Merkmale dieses Gefühls von Freude. Während das Ein- und Ausatmens offenbart die Achtsamkeit: "dies ist Freude".

Die Achtsamkeit verweilt in der Erfahrung von Freude, in der Betrachtung der Freude und Wahrnehmung des Wohlergehens, das die Freude dem Körper und dem Geist bringt.

Begleitet von Samadhi, befähigt die Achtsamkeit den/die Meditierende/n dazu, mit dem Gefühl von Freude verbunden zu sein, ohne danach zu greifen. Jedwede Form des Danach-Greifens wird wahrscheinlich dazu führen, dass die Freude sich in ein genussvolles Verlangen nach mehr ähnlichen Gefühlen verwandelt. Der/die Meditierende vergisst dann, dass die Freude aus unterstützenden inneren und äußeren Bedingungen entsteht.

Ein häufiges Anzeichen für ein Greifen nach dem Gefühl von Freude ist der Wunsch, es zu halten oder zu vertiefen. Dieser Druck beginnt die Freude zu entkräften. Die ursprüngliche, nicht mit mit einem Festhalten-Wollen kontaminierte Freude, verweilt frei von einem "Ich", "mich" oder "mein". Das Greifen des "Ich" und "mein" umgrenzt uns. Wir sind nicht, was wir denken zu sein. Wir sind weitaus mehr, als wir denken zu sein. Nur das "Selbst" greift entsprechend seinen Absichten und Neigungen. Der/die Meditierende erfährt den Genuss der Gefühle, ohne diese aufrechterhalten zu wollen. In Verbindung mit Achtsamkeit und Samadhi erlaubt dies den Gefühlen, sich auf natürliche Weise zu beruhigen und zu vertiefen.

 

St VII

Ich atme ein und erfahre die geistigen Gebilde (Formationen)

Ich atme aus und erfahre die geistigen Gebilde (Formationen)

So, wie der/die Meditierende in der ersten Tetrade den ganzen Körper erfährt, erfährt er/sie in der zweiten Tetrade den gesamten Geist. Im Zuge des achtsamen Atmens umfasst diese Meditation den gesamten Geist. Der/die Meditierende erfährt die Einheit allen Seins und die Abwesenheit von Fragmentiertheit und Kampf im seelischen Leben.

In diesem Stadium realisiert er/sie ein allumfassendes Gefühl für die ganze Erfahrung. Gedanken kommen auf, der Geist mag auf Wanderschaft gehen oder er/sie erfährt eine gewisse Müdigkeit oder Unruhe. Diese Bewegungen des Seelenlebens werden nicht als gegensätzlich zu der Praxis von Einspitzigkeit und Samadhi erlebt. Sie scheinen vielmehr "Wasser auf die Mühlen" zu sein.

Die siebte Stufe zeigt, dass Weisheit den gesunden Ausdruck des Herz-Geistes beherbergt. Selbst wenn unangenehme Gefühle oder Empfindungen auftreten, bedrängen diese den/die Meditierende/n nicht länger. Dieses Stadium unterscheidet sich diesbezüglich deutlich vom Beginn der Praxis, als der/die Meditierende mit Ablenkungen, Müdigkeit und dem Wunsch, sich zu konzentrieren, gekämpft hatte. Der/die Meditierende hat sich bisher in jeder der Phasen darin geübt, den gesamten Herz-Geist auf klare Weise zu erfahren und zu beherbergen. 

 

ST VIII

Ich atme ein und beruhige die geistigen Gebilde (Formationen)

Ich atme aus und beruhige die geistigen Gebilde (Formationen)

Der/die Meditierende weiß, dass der Geist keine Gefahr für die Meditation ist. Er hat die Fähigkeit, Erlaubnis zu geben für verschiedenartige Bewegungen und Aktivitäten innerhalb des Geist, welche oft sehr dezent und meist folgenlos sind. Der/die Meditierende fühlt sich nun bereit, die Beruhigung des Geistes zu erfahren. Das achtsame Atmen dient weiterhin als roter Faden im Verlauf dieser Tetrade.

Während jeder Phase der Tetrade offenbart die Praxis, dass eine echte Entwicklung stattfindet (bhavana). Bhavana zeigt sich als Wahrnehmung der Zusammenführung von Sein, Einklang und Fortschritt entlang des Pfades. Eines der Anzeichen für bhavana besteht in dem Wunsch, weiter zu praktizieren, um die Tiefen der Meditation und vermehrte Klarheit von Herz und Geist in Verbindung mit transformativen Einsichten zu erfahren.

Das Wissen um die unmittelbare Erfahrung eines echten Einklangs durch die Ruhe von Körper und Geist fördert die Zuversicht und das Vertrauen in den Dharma. Es entstehen Dankbarkeit und Wertschätzung für diesen ausgetretenen Pfad, den viele engagierte Meditierende genommen haben, seit der Buddha diese Lehrrede gab.

Der/die Meditierende ist nun bestens vertraut mit den zahlreichen Vorteilen des achtsamen Atmens.

5 dieser Vorteile sind:

  • das Verblassen negativer Zustände
  • die authentische Reinheit von Herz und Geist
  • die Förderung der Liebe zu den Lehren und zur Übungspraxis
  • das lobenswerte Bemühen
  • die Reinheit der Absicht 

Während dieser Phasen erfährt der/die Meditierende die Abwesenheit unheilvoller und unzuträglicher Geisteszustände. Während innere Entwicklung im Zuge des achtsamen Atmens stattfindet, werden viele Aspekte der Lehren des Buddha deutlicher und klarer. Dies beinhaltet auch die 7 Erwachensfaktoren, die da sind Achtsamkeit, Erkundung, Freude, innere Ruhe, Energie, Konzentration und Gleichmut.

Der/die Meditierende realisiert die Segnungen von samadhi auch außerhalb von Meditation und Retreats. Samadhi findet praktische Anwendung im alltäglichen Leben. Der/die Meditierende wendet Achtsamkeit und samadhi an, um sich auf heilsame Themen zu besinnen. Achtsamkeit, samadhi und klares Verständnis befähigen dazu, Aufgaben (große oder kleine) ohne Stress, Widerstand oder den Gedanken zu verrichten, etwas anderes tun zu wollen. Der/die Meditierende erfährt unmittelbar, dass Achtsamkeit und samadhi in direkter Weise zum Kontakt mit dem gesamten Körper des Dharma beitragen.

Ähnlich der Beruhigung der körperlichen Formation wird nun die Beruhigung des Geistes zum primären Objekt, während der Atem ein- und ausfließt. Die Erfahrung des Geistes erkennt den Geist als ein Objekt. Der Geist bezieht sich gleichermaßen auf Gedanken, Herz, Geisteszustände, Karheit, Bewusstheit einschließlich der Bewusstseinsinhalte, wie auch auf jedwede Anwendung von Vernunft und Intellekt. Das Eingebettet-Sein in Ruhe unterstützt alles innere Leben, ebenso wie alle Teile des Körpers.

 

3. Tetrade (Geist) 

ST IX

Ich atme ein und erfahre den Geist

Ich atme aus und erfahre den Geist

Der Diskurs des Buddha über die 4 Grundlagen der Achtsamkeit (Körper, Gefühle, Geisteszustände und den Dharma) empfiehlt, auf den Geisteszustand unter folgenden Aspekten zu schauen:

  • gierig oder nicht gierig
  • negativ oder nicht negativ
  • getäuscht oder nicht getäuscht
  • verengt oder abgelenkt
  • überschwänglich oder nicht überschwänglich
  • mit samadhi oder ohne samadhi
  • frei oder unfrei

Der Prozess des achtsamen Atmens entwickelt die Fähigkeit, den Geisteszustand zu erforschen, ohne an positiven Geisteszuständen anzuhaften oder reaktive Sichtweisen gegenüber negativen Geisteszuständen einzunehmen. Der/die Meditierende erkennt Geisteszustände als Geisteszustände, frei davon, den Geisteszustand mit "ich", "mir" oder "mein" zu kontaminieren.  

 

ST X

Ich werde einatmen und den Geist erfreuen

Ich atme aus und erfreue den Geist

Freude bedeutet hier, sich beglückt fühlen über die gegenwärtige Erfahrung. Der/die Meditierende genießt diese Erfahrung und findet Freude und Vergnügen daran. Ein kostbares Gefühl, das die Achtsamkeit auf die Atmung hervorbringt: die Freude trägt Früchte als natürliches Ergebnis der Liebe zur Praxis und deren Nutzen. Das Zentrum der Wertschätzung bleibt mit dem Prozess verbunden. Dies stellt sicher, dass die Praxis nicht trocken, roboterhaft oder erstarrt ist. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Freude zu erleben.

Da liegt Freude in 

  • der Erfahrung des achtsamen Atmens
  • der Beruhigung der körperlichen und geistigen Formationen
  • der Möglichkeit, die verschiedenen Geisteszustände zu sehen
  • verschiedenen Ereignissen im vergangenen und gegenwärtigen eigenen Leben
  • den Dharma-Lehren und -Praktiken 

Dieses Stadium bestätigt die wahre Freude an der Meditation.

 

ST XI

Ich atme ein und konzentriere den Geist

Ich atme aus und konzentriere den Geist

Dieses Stadium schließt den Geist ein, wie es im dritten Abschnitt des Diskurses über die vier Anwendungen der Achtsamkeit beschrieben ist:

"Ich konzentriere den Geist und atme aus", so schulte er/sie sich selbst.

"Ich konzentriere den Geist und atme ein", so schulte er/sie sich selbst.

Konzentration bestätigt hier, dass die Praxis nun sehr gut etabliert, stabil, weitgehend ungestört und beständig ist. Die Kraft dieser Konzentration ermöglicht darüber hinaus einen leichten Zugang zu Jhana, Empfänglichkeit für Einsichten und eine weise Annäherung an Objekte des Interesses, wenn diese aufkommen. Diese Konzentration ist die letzte Vorbereitung für die letzte Tetrade. Samadhi beinhaltet eine Methode, ein Verfahren oder eine Technik, wie sie in den früheren 10 Stufen dargelegt und erforscht wurde.

Der Meditierende versteht nun Samadhi mit Form, Methode und Technik. Er/sie kennt Samadhi auch durch eine formlose Vorgehensweise mit einer strahlenden Bewusstheit ohne ein bestimmtes Objekt. Der/die Meditierende weiß, dass er/sie nicht abgetrennt ist. Die Empfänglichkeit für Einsicht und Verständnis, persönlich und unpersönlich, bleibt dieselbe, egal ob man eine Form/Methode/Technik oder einen formlosen Ansatz anwendet.

Die sitzende Haltung ist für die meisten Meditierenden die beste Form für Jhanas, gefolgt von Stehen, Gehen und Liegen.

Ob der/die Meditierende ein Jhana erlebt oder nicht, die Konzentration hält die Person verankert.

 

ST XII

"Den Geist befreiend, werde ich ausatmen", so übt er/sie sich

"Den Geist befreiend, werde ich einatmen", so übt er/sie sich

Mit der Befreiung des Geistes sind die unbefriedigenden Dinge gemeint, die auftauchen, jetzt aber nicht mehr auftauchen.

Die Befreiung des Geistes beinhaltet die Befreiung von der Unwissenheit über problematische Geistesmuster und die Beeinflussung ungesunder Tendenzen durch Anhaftung. Die Freiheit von Problemen offenbart sich in der Tiefe. Der/die Meditierende weiß um die Erfahrung eines ausgedehnten Gefühls der Befreiung des gesamten Wesens, einer großen Empfänglichkeit und Offenheit für das, was sich entfaltet.

Die Befreiung des Geistes schließt auch die Identifikation mit dem Meditierenden ein. Es gibt ein Wissen und ein Sehen frei von einem "Selbst", das weiß und sieht. Es kommt zur Aufhebung des getrennten Selbst und zur Aufhebung des verbundenen Selbst. Beide sind gleichermaßen substanzlos.

Es gibt eine Freiheit von der Vorstellung des Seins, der Seinshaftigkeit oder des wahren Selbst. Es gibt eine Freiheit von der Vorstellung eines expansiven, vereinten Selbst, spirituellen Selbst, ökologischen Selbst oder wahren Selbst. Das menschliche Wesen bekräftigt ein Selbstsein und verstellt dadurch den Blick auf die Befreiung.

Einige spirituelle Lehrer und Methoden sind dazu übergegangen, sich auf einer bestimmten Stufe in einer der 16 Stufen der Achtsamkeit des Atmens auszuruhen, ohne weiter zu gehen.

Der/die LehrerIn könnte zum Beispiel zu dem Schluss kommen:

  • Ein plötzlicher Bewusstseinswandel verbunden mit Liebe und Glück ist Ausdruck einer Form von Transzendenz
  • Die Erfahrung und Beruhigung des gesamten Körpers ist die Essenz der Praxis
  • Volle Präsenz im Jetzt ist das Ziel
  • Das Einssein von Körper/Geist und der umgebenden Welt ist das Höchste
  • Reines Sein, nur Sein oder Seinhaftigkeit ist die letztendliche Realität
  • Es gibt kein Selbst, keinen Suchenden, kein Ich, Mich oder Mein, keinen Meditierenden, keinen Handelnden

Solche LehrerInnen vertreten eine persönliche Sichtweise.

Die Befreiung des Geistes und die Erkenntnis-Ebene beinhalten die Erforschung ungelöster Themen, das Begreifen jedweder Standpunkte und die Arbeit mit verschiedensten Formen von Reaktivität. Die Befreiung des Geistes befreit den Geist von der Wahrnehmung von Permanenz oder Kontinuität, von der Verwechslung des Unbefriedigenden mit dem Befriedigenden und von unpersönlichen Prozessen mit persönlichen. 

Die Befreiung des Geistes beinhaltet ein genuines Gefühl der Befreiung vom Unheilsamen und Ungesunden und all seinen Folgen. Die Praxis erlaubt immer noch die Entschiedenheit, die Weisheit zu finden, um die Unwissenheit über das, was innerlich vor sich geht, zu vertreiben. Dies kann die Anwendung der gegnerischen Kraft erfordern, zum Beispiel Großzügigkeit, um Gier aufzulösen, Güte, um Schuldvorwürfe aufzulösen, Klarheit, um Verwirrung aufzulösen.

Die Befreiung beinhaltet die Freiheit von Unsicherheit, Zweifel, Festhalten an bestimmten Standpunkten und den Glauben an das Selbst, den Meditierenden, die Alltagsidentität.

Während jeder der 12 Stufen findet eine Bewegung von groben Ausdrücken der Ruhe und Einsicht hin zu subtileren Erfahrungen statt. Die verschiedenen Dharmas fließen zusammen (samodhana).

 

4. Tetrade (Dharma)

er/sie übt:

13.  Ich atme ein und sehe die Vergänglichkeit

       Ich atme aus und sehe die Vergänglichkeit

14.  Ich atme ein und sehe das Verblassen

       Ich atme aus und sehe das Verblassen

15.  Ich atme ein und sehe die Aufhebung

       Ich atme aus und sehe die Aufhebung

16.  Ich atme ein und sehe das Loslassen

        Ich atme aus und sehe das Loslassen

Diese letzten vier Stufen stellen die direkte Beziehung zwischen dem achtsamen Atmen und erleuchtenden Einsichten dar. Die vierte Tetrade entspricht der Rede des Buddha über die vierte Anwendung der Achtsamkeit, nämlich den Dharma als Dharma zu sehen.

Die ersten 12 Stufen haben ein doppeltes Ziel. Die 12 Stufen tragen zu einem breiten Spektrum an tiefen Erfahrungen für Körper, Geist, Herz und Bewusstsein bei. Die Stufen befreien nach und nach das ganze Sein durch das Kultivieren und Entwickeln aller 12 Schritte. Glück, Freude und Dankbarkeit gehören zu einer Vielfalt von nährenden und erfüllenden Erfahrungen. Diese ersten drei Tetraden bieten Zugang zu spirituellen, mystischen Erfahrungen, einschließlich eines tiefen Gefühls des Seins, des Einsseins und der Nicht-Dualität sowie der Intimität mit dem Jetzt.

Religiöse Menschen können durch die Anwendung der 12 Schritte innerhalb der 16 Schritte ein Gefühl der Gottesfindung erfahren. Viele spirituelle Lehrer, die solche Erfahrungen gemacht haben, glauben, dass sie damit das ultimative Ziel aller spirituellen/religiösen Bestrebungen gefunden haben. Anschließend geben sie ihre bahnbrechenden Erfahrungen an ihre Anhänger weiter. Sie betrachten ihre Erfahrungen als die Bestätigung eines erleuchteten Lebens.

Der Buddha hat ein solches Ziel nicht vorgegeben. Er betrachtet die ersten 12 Schritte nicht als ausreichend. Er bietet keine Art von Errungenschaft für das Selbst an. Es besteht eine Anerkennung des Wertes solcher Erfahrungen, da sie helfen, einige Gewohnheiten und Konstrukte des Geistes aufzulösen. Die letzte Tetrade weist auf eine abenteuerliche Freiheit hin, und die steht für:

  • Handeln ebenso wie Sein
  • Nicht-Selbst statt Selbst
  • Vergangenheit und Zukunft ebenso wie das Jetzt
  • Unterschiede/Vielfalt ebenso wie das Einssein.

Die Lehren erkennen die Dualität ebenso an wie die Non-Dualität. Der Buddha bietet Bewusstheit nicht als ein Element an, das ewig existiert, ohne dass es Aussagen über Geist und Körper bedarf. Das Bewusstsein hängt von Geist/Körper ab und kann sich ohne Geist/Körper nicht offenbaren. 

 

Erforschung der Vergänglichkeit

Die Lehren bieten keine spezifische Erfahrung an, auf der man sich ausruhen könnte oder über die man einen letztgültigen Anspruch erheben könnte. Jede Erfahrung braucht ausnahmslos eine Vielzahl von Ursachen und Bedingungen, damit die Erfahrung entstehen kann. Obwohl sie vom Geist / Körper abhängig ist, entwickelt die Achtsamkeit auf den Atem Glück, Ruhe und Samadhi. Die Betonung von Unbeständigkeit / Veränderung / Nicht-Permanenz weist auf die Vergegenwärtigung der Vielfalt von Ursachen und Bedingungen hin, die dazu führen, dass jede Erfahrung oder jedes Ereignis einem Wandel unterliegt, sei er dramatisch oder subtil.

Der Buddha hat das Leiden (dukkha), grob oder feinstofflich, in der letzten Tetrade absichtlich ausgelassen, da sich die Tetrade auf ein erleuchtetes Leben konzentriert, das frei von den Schatten des Leidens ist. 

Man sieht und weiß, dass alle konditionierten Phänomene durch verschiedene Umwelt-, soziale und persönliche Einflüsse Veränderungen unterliegen. Nichts verfügt über eine Eigenexistenz und ist daher unabhängig vom Einfluss der Ereignisse. Das bedeutet, dass es in der Welt von Mentalität/Materialität/Bewusstsein nichts gibt, worauf man sich verlassen könnte.

Diese Phase ermutigt die Lernenden, die stattfindenden Veränderungen mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen:

  • Es gibt einen Kontakt nach außen über die Sinne und einen Kontakt nach innen. Veränderung, grob oder feinstofflich, findet bei jeder Art von Kontakt statt
  • Veränderungen finden durch die Möglichkeit statt, mit dem Inneren und dem Außen in Kontakt zu treten.
  • Es besteht Achtsamkeit in Bezug auf die Werkzeuge, einschließlich Bewusstsein, Achtsamkeit, Samadhi, Interesse und den gesamten Geist-Körper-Prozess.
  • Es gibt verschiedene Formierungen, Kombinationen, Muster und Richtungen, die die Mittel und den Kontakt beeinflussen 
  • Es besteht Achtsamkeit gegenüber diesen Einflüssen, die sich auf die Werkzeuge und den Kontakt auswirken

 

ST XIII

Dieses Stadium bestärkt die Achtsamkeit auf die oben genannten primären Einflüsse auf den Wandel. Der Buddha verwendete den Begriff sankhara für alle Aktivitäten der konditionierten Phänomene. Die Achtsamkeit gegenüber dem Wandel, dem Unbeständigen, dem Nicht-Permanenten wird am deutlichsten, wenn wir erkennen, was im Kontakt entsteht, bleibt und vergeht, welche Mittel zum Kontakt führen und welche unterschiedlichen Kombinationen die Mittel und den Kontakt beeinflussen.

Das Entstehen, Verweilen und Vergehen führt wiederum zu weiterem Entstehen, Verweilen und Vergehen, wobei jedes neue Entstehen, Verweilen und Vergehen einen Unterschied zum vorherigen beinhaltet.Die Unterschiede können als dramatisch oder als sehr subtil wahrgenommen werden. Die Achtsamkeit gegenüber der Unbeständigkeit schließt ein, Veränderungen zu sehen, wie die Entwicklung des Lebens von der Geburt bis zum Tod und die subtilen Veränderungen zwischen einem Atemzug und dem nächsten sowie die Veränderungen innerhalb eines Atemzugs.

Wir sehen, dass alles in Abhängigkeit von unterschiedlichen primären Ursachen und vielfältigen Bedingungen entsteht. Es reicht nicht aus, nur auf die Vergänglichkeit zu achten, sondern auch die Vergänglichkeit der Ursachen und Bedingungen zu kennen. Zum Beispiel tragen die Nahrung, die Umwelt, die Elemente und die Geisteszustände zum Zustand des Körpers bei, im Guten wie im Schlechten. Der/die Meditierende erkennt, dass es nichts substantielles an den Veränderungen im Körper gibt, die manchmal langsam, Tag für Tag, oder plötzlich, z.B. durch einen Unfall oder eine Krankheit, eintreten. In der Interaktion von Geist und Materie, Psychologie und Körperlichkeit, Mentalität und Materialität gibt es keinen Hinweis auf eine Selbstexistenz.

Die Weisheit dieser Sichtweise bewirkt ein natürliches Abklingen von Projektionen und Forderungen mit der weitreichenden Reduzierung von Gier, Abneigung und Angst. Durch die Entwicklung der drei vorangegangenen Tetraden wird klar, dass es nichts und niemanden gibt, an den/das es sich zu klammern lohnt. Die Achtsamkeit in Bezug auf die Vergänglichkeit bestätigt die Leerheit jeglicher inhärenter Existenz, ohne dass die Vergänglichkeit zu einer absoluten Wahrheit wird. Es wird völlig klar, wie absurd es ist, dass irgendetwas in der fühlenden oder nicht fühlenden Welt eine inhärente Existenz hat. Um die Sprache des Buddha zu verwenden, es gibt ein Sehen und Wissen über das Dies und Das der Bedingtheit (idappaccayata).Er sagte, die Wahrheit darüber bleibe bestehen, ganz gleich ob ein Buddha in der Welt erscheint, um sie zu bestätigen.

ST XIV

Sankhara bezieht sich auf die Bedingungen, das Konstruierte, das Zusammengesetzte und die Bewegungen, die gemeinsam "Erfahrungen" oder "Dinge" ergeben. Die Bedingungen, ob primär oder sekundär, wirken sich auf andere Bedingungen aus und so setzt es sich fort. Wenn man das erkannt hat, schwindet jegliches Interesse daran, irgendetwas zu befeuern, an das man sich klammern oder festhalten könnte. Es ist wie bei einem Waldbrand. Es besteht kein Interesse daran, ihn durch Entfachen aufrechtzuerhalten. Es gibt nur noch den Wunsch, ihn zu löschen. Unser Entfachen von Erfahrungen und Dingen erzeugt den Stress, das Leiden und unsere verzerrten Wahrnehmungen. Dieses Stadium weist auf das Abklingen von Projektionen, Verzerrungen, unrealistischen Erwartungen und voreingenommenen Ansichten hin, welche die Weisheit des Wissens um idappaccayata hemmen.

Das Klammern, Greifen, Anhaften und problematische Sichtweisen werden überwunden. Das Pali-Wort für Sehen ist viraganupassi - vi (die erste Silbe) bedeutet "nicht" oder "nicht haben". Raga prägt eine Situation. Wenn Tinte auf ein weißes Tischtuch aus reiner Baumwolle verschüttet wird, verändert sich die Farbe. Das Verblassen des Flecks bedeutet das Fortwaschen der Tintenflecken.

 

ST XV

Diese Phase bezieht sich auf die Beendigung der Verzerrungen und Verfälschungen, welche die Freiheit behindern, den endlosen Prozess des abhängigen Entstehens zu sehen. Diese Stufe bezieht sich auf:

  • Beendigung von Angst und Leiden
  • Beendigung des Egoismus, des Handelnden, des Karmas
  • Beendigung von entflammenden Situationen 
  • Beendigung von Stress 
  • Beendigung eines getrennten Selbst, eines verbundenen Selbst, eines unabhängigen Selbst, eines bezeugenden Selbst oder eines transzendenten Selbst, das sieht und weiß 
  • Beendigung von Gier, Aggression und Angst

Es besteht das Wissen

  • um die Substanzlosigkeit des Selbst,
  • um alles, was zu einem Selbst gehört
  • dass das Selbst nichts ist oder 
  • irgendetwas ein Selbst hätte.

All dies bestätigt die Beendigung der alten Denk-, Wahrnehmungs- und Glaubensweisen; dazu gehört auch die Beendigung von Vorstellungen über Übernatürliches, unbeweisbare metaphysische Ideen und spekulative Ansichten. Das Ende der Bürden des Lebens bestätigt die Freiheit von ungesunden mentalen Konstruktionen, die das Bewusstsein belasten. Die Weisen verweilen achtsam in Umständen, die sich ihrer Kontrolle entziehen. Der Buddha benutzte regelmäßig die Begriffe lokiya - was bedeutet, ein weltliches Leben zu führen. Der zweite Pali-Begriff ist lokuttara, was bedeutet, außerhalb der Reichweite der weltlichen Welt zu leben. Der Sinn für das Spirituelle kann das tägliche Leben durchdringen, indem man die Dinge in der Welt versteht. "Verstehen" ist ein Ausdruck von lokuttara. Spirituelles Verstehen kennt das Ende des Leidens.

 

ST XVI

Die letzte Stufe bezieht sich auf das Loslassen. In der Pali-Sprache hat dies eine tiefe Bedeutung. Wir hören stets die Sprache des Loslassens, selbst in den grundlegendsten Dharma-Belehrungen für den absoluten Neuling. Das Pali-Wort für das Sehen des Loslassens ist patinissagganupassi. Das Wort patiinissagga bedeutet "zurückgeben". Wir haben vielleicht einen großen Teil unseres Lebens damit verbracht, zu nehmen. Wir haben die Vorstellung von "ich", "mich" und "mein" übernommen und daran alle Arten von Identität festgemacht. Wir übernehmen die Vorstellung, geboren zu werden, dem Altern und dem Tod zu unterliegen. Wir nehmen die Vorstellung an, eine Identität, ein Selbst zu haben. Wir glauben, dass wir über Besitz, Wissen, Erfahrungen, Einsichten und Verständnis verfügen. Wir reden uns ein, dass wir bestimmte Ebenen erreicht haben. Wir haben bestimmte Leistungen vollbracht. Wir haben bestimmte Situationen durchgestanden. Wir haben unsere Identität durch Erinnerungen, Erziehung, Rollen, Funktionen, Erfolge und Misserfolge geformt. In der letzten Phase fällt alles weg, wird weggeworfen, zum allerletzten Mal. Dies geschieht auf natürliche Art und Weise. Es gibt eine erkennende und wissende Befreiung durch patinissagganupassi. Das Leben hat nicht länger die Fähigkeit, zu bedrängen oder zu unterdrücken. Dies ist Befreiung mit ihrem natürlichen Ausdruck von Weisheit und Güte. Weisheit ersetzt die Vorstellungen von Haben und Nichthaben, Gewinnen und Verlieren. Die letzte Tetrade offenbart ein erleuchtetes Leben, anstatt sich mit weniger zufrieden zu geben.

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